Von Florian Faust |
KZ Dachau

Eines war schon vor unserem Besuch im Konzentrationslager Dachau klar: anders als bei anderen Schulausflügen würde es hierbei mehr um das Gefühl gehen, das der Ort vermittelt, als um einen reinen Lerneffekt.
Es regnet und es ist dunkel, den ganzen Tag lang, während wir in Dachau sind. Sobald man einen Raum betritt, klammert man sich an Heizungskörper oder an Mitschüler. Und dennoch sind wir uns die ganze Führung lang unseres Privilegs bewusst.
„In Schulbüchern liest man vielleicht davon, was die Menschen erleiden mussten, aber heute werdet ihr so nah dran sein, wie noch nie zuvor.” Die Frau, die uns durch das Konzentrationslager führt, erzählt von einer jährlichen Veranstaltung in Dachau, bei der viele Holocaustüberlebende aus den verschiedenen Ländern zusammenkommen. Sie erzählt auch davon, dass es immer weniger werden. Genau deswegen sei es auch so wichtig, dass wir sehen, was wir heute sehen werden, fügt sie hinzu. Denn dies macht uns zu Drittzeugen und so auch zu einem Teil der Versicherung, die Deutschland sich aufzubauen versucht - eine Versicherung, dass etwas Ähnliches wie die Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Holocaust nicht nochmals passieren können.
Die Führung macht ihren Anfang am Eingangstor des Gefangenenlagers, welches die Inschrift „Arbeit macht frei“ trägt. Genau wie „Jedem das Seine“ ist auch dieses bekannte und oft genutzte deutsche Sprichwort ein Überbleibsel aus der NS-Zeit, dem viele keine Aufmerksamkeit schenken.
Uns wird gezeigt, wie viele Kilometer die neuen Gefangengenommenen laufen mussten, um hier anzukommen. Und wir laufen einen Teil des Weges nach, dann stehen wir auch schon vor dem, was von den Unterbringungen der damals Inhaftierten übriggeblieben ist. Die Baracken wurden auf Wunsch der Überlebenden abgerissen, aber am Boden erkennt man das Fundament von etwa 15 rechteckigen Unterbringungen. Im Hauptgebäude des Konzentrationslagers lernen wir, wer in Dachau inhaftiert war, nämlich nicht nur Juden, sondern auch homosexuelle und schwarze Menschen, Sinti und Roma, wie auch zahlreiche politische Gefangene, zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer, der dort ermordet wurde. 

Zum Abschluss der Führung dürfen wir selbst das Haupthaus durchlaufen, am Ende befindet sich eine Sammlung von Einzel- und Familienschicksalen. Von Geburt bis zum Tod in einem Konzentrationslager wird hier gezeigt, wie die Menschen gelebt haben und dass sie genau das waren: einfach nur Menschen. Die meisten von uns berührt vor allem dieser Teil unglaublich, denn es macht die Menschen nahbar, und nicht nur zu einer Zahl.
Genau das ist es auch, was wir alle lernen und von diesem wirkungsvollen Tag mitnehmen: Toleranz ist der Grundstein einer Gesellschaft. Denn am Ende des Tages, unter allem äußeren, atmen wir dieselbe Luft und bluten dasselbe Blut.

Madeleine Bond, J2